Lesen und lesen lassen

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Der junge Bursche versuchte sich an einem charmanten Lächeln.  »Aber sagen Sie mal – sind Sie nicht zu attraktiv für diesen harten Beruf?«

Die Kommissarin blieb unbeeindruckt.

»Jedenfalls bin ich hart genug für diesen attraktiven Beruf.«

»Oho! Schlagfertig ist sie auch noch …«

Als in einem Schleusenbecken eine weibliche Leiche gefunden und als Imbissbesitzerin identifiziert wird, vermutet die Polizei einen Raubmord. Der diensterfahrene Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Gräber eckt an, weil er auch andere Motive in Betracht zieht. Wider Erwarten wird nicht er zum Leiter der Mordkommission „Schleuse“ berufen, sondern der ehrgeizige Kollege Schonebeck. Der beschäftigt Gräber vorerst im Innendienst. Dort soll sich Gräber um einen Neuzugang kümmern, Sabine Kühne, eine junge Kommissarin frisch von der Polizeischule. Die unerfahrene Kühne wird von den Männern der Kriminalwache belächelt. Auch von Gräber. Schon bald aber erwirbt sie dessen Respekt.

Wenig später kommt ein Barbesitzer ums Leben. Eine weitere Mordkommission wird zusammengestellt, Gräber erneut übergangen. Dann aber braucht man ihn doch als Ermittlungsleiter, denn aus dem Umland wird ein weiterer Mord gemeldet. Sabine Kühne assistiert. Und das ungleiche Paar hat Erfolg …

„Mordspensum“ spielt Mitte der Achtzigerjahre. Die Kriminalisten müssen ohne Handys auskommen, Computer gehören noch nicht zur Ausstattung, unterwegs arbeitet man statt mit dem Laptop mit der Reiseschreibmaschine. Die Dienstfahrzeuge sind nicht in bestem Zustand. Nena feiert erste Erfolge, U2 machen auf sich aufmerksam, die Damen tragen Karottenhosen und übergroße Blazer, die Herren Schulterpolster, weiße Tennissocken und Bundfaltenjeans.

Noch gibt es Standorte der britischen Rheinarmee in Deutschland. Weil im zweiten Mordfall Truppenangehörige als Zeugen gesucht werden, wird die Special Investigation Branch um Amtshilfe gebeten. Die deutschen Kollegen ahnen nicht, dass auch der Auslandsgeheimdienst MI6 einen Stützpunkt auf dem Kasernengelände unterhält … Tatsächlich führt eine Spur nach Nordengland in die Nähe von Manchester – und wieder zurück nach Deutschland.

ISBN 978-3-946938-63-7, Broschur, 352 Seiten. Überall wo es Bücher gibt und direkt beim Oktober Verlag, Münster, mail@oktoberverlag.de.

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Der Mord an einer alleinstehenden Bibliothekarin gibt der Osnabrücker Mordkommission um Hauptkommissarin Bea Agarius Rätsel auf. Die Tote wurde auf dem Gertrudenberg im Bürgerpark gefunden. In einer eigenartigen Position. Mit ihrem Hund an ihrer Seite. Nur wenig später verschwindet eine junge Studentin. Ihre Mitbewohnerin macht sich Sorgen. Und begibt sich auf die Suche. In einem nahen Seniorenstift fantasiert ein dämmernder Bewohner von einem „Ropenkerl“. Einer Osnabrücker Sagengestalt. Pflegerin Asli Ozcan weiß nichts damit anzufangen. Bis sie dem „Ropenkerl“ unvermittelt gegenübersteht …

ISBN-13: 9783946938644, 272 Seiten. Überall wo es Bücher gibt und direkt beim Oktober Verlag, Münster, mail@oktoberverlag.de.

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Hoofdinspecteur Karel van Barenveld hat sich nach einer beruflichen und privaten Krise aus Amsterdam nach Den Helder versetzen lassen. Eine ruhige Umgebung, in unmittelbarer Nähe zum Meer. Doch auch hier erwarten ihn ausgefüllte Arbeitstage. Ein Cadillac, der in einer bekannten TV-Serie als Requisit diente, steht in Flammen, in den Blumenfeldern wird eine verwirrte Frau aufgegriffen, in einem alten Wehrmachtsbunker wartet eine Leiche …

„Ein schöner Tag für den Tod”, 252 Seiten, Neuauflage in Vorbereitung

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Weiterhin erhältlich ist „Die Nacht mit dem Holenkerl”. Die Erzählung basiert auf der norddeutschen Sage vom Holenkerl, der nachts verirrten Wanderern auflauerte, auf ihren Rücken sprang und sie zu Tode ritt. Die russische Folklore kennt ein ähnliches Volksmärchen. Nikolai Gogol verarbeitete es in der Erzählung „Der Wij”.

Die hier vorgelegte Version spielt in der Gegenwart, mischt Grusel und Science Fiction und beginnt mit vier Teenagern, die eine Halloween-Party im Osnabrücker Nordkreis besuchen möchten, wo sie jedoch nie ankommen werden …

„Die Nacht mit dem Holenkerl, 160 Seiten, Epubli, 7,99 Euro (auch als E-Book)

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Früh am Morgen ist Hauptkommissar Björn Lohse auf der A 3 unterwegs zu seiner Limburger Dienststelle, als er von dort telefonisch umdirigiert wird. In einer großen Reha-Klinik am Taunusrand hat es ein Gewaltdelikt gegeben. Die örtlichen Kollegen sind sich sicher: Fremdeinwirkung.
Der Augenschein gibt ihnen recht. Auf Lohse wartet ein fürchterlicher Anblick. Eine Mitarbeiterin der Verwaltung ist brutal ermordet worden. Die Mordkommission steht unter Zeitdruck: Täglich werden Patienten entlassen. Einer von ihnen könnte der Täter sein.
Oder die Täterin.
Der Fall erfordert Ermittlungen in mehreren Richtungen. Die Tote hatte sich in und außerhalb der Klinik viele Feinde gemacht. Rache? Eine Eifersuchtstat?
Oder wollte jemand eine unliebsame Zeugin zum Schweigen bringen?
Lohse und seine Mitarbeiter beziehen Posten in der Klinik, inmitten des Kurbetriebs.
Stets kritisch beäugt von Patienten und Ärzten …

Fachurteil:

»„Tod auf dem Zauberberg“ ist ein klassischer Whodunit, angelegt als spannendes Police-Procedural. Projiziert auf den sehr eigenen Kosmos einer modernen Rehaklinik, wird die Aufklärung eines brutalen Mordes mit großer Sachkenntnis, viel Liebe zum Detail und feinem Humor erzählt. Sehr unterhaltsam.« Norbert Horst, Kriminalhauptkommissar a. D., Krimiautor, Glauser-Preisträger

Pressestimmen:

»Harald Keller hat sich für seine Kriminalgeschichte eine Reha-Klinik als Tatort ausgesucht. Mit „Tod auf dem Zauberberg (…)“ ist ihm ein spannungsgeladener Kriminalroman gelungen.« mkun, „Neue Osnabrücker Zeitung“

»Empfehlen – quasi als Joker – kann ich durchaus den Kriminalroman des Osnabrücker(s) (…) Harald Keller, mit blutiger, intelligenter Feder geschrieben ist sein ‚Tod auf dem Zauberberg – kuren, kneippen, sterben“ (…). Kellers Schreibe fesselt, sein Hauptkommissar Björn Lohse ermittelt mitten im Kurbetrieb, beäugt von im Prinzip 480 verdächtigen Patienten, Schwester Beate und Ärzten mit nicht immer überzeugenden Lebensrezepten.« Werner Hülsmann, „Osnabrücker Nachrichten“

»Der Schreibstil ist (…) durchgehend flüssig und fesselnd zu lesen, sodass ich das Buch kaum aus den Händen legen konnte. Auch die Protagonisten waren authentisch, ihre Handlungen gut umgesetzt und nachvollziehbar. Weiterhin besticht das Buch mit einem Spannungsbogen, der bis zum Schluss aufrecht gehalten wird. (…) Für Thriller-Liebhaber auf jeden Fall ein Muss.« Bloggerin Stephanie Brandt, http://www.steffis-buchecke.de

»(…) amüsante(n) Schilderungen aus dem Klinikalltag, die den beklagenswerten Zustand dieser Sparte unseres Gesundheitssystems drastisch illustrieren.« Joachim Feldmann, „Am Erker“, „crimemag“

Tod auf dem Zauberberg – kuren, kneippen … sterben“
Paperback, 396 Seiten, 13,99 Euro, ISBN 978-3-752995-99-2
E-Book, 3,99 Euro, ISBN: 978-3-7487-5460-2

Überall erhältlich, wo es gedruckte Bücher gibt. Und als E-Book.

 

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Nonsens-Verse, gereimte Filmbeschreibungen und ein heiterer Rückblick auf die persönliche Geschichte der Aufschreibesysteme von der mechanischen Büroschreibmaschine bis zum Tablet. Die Lyrik widmet sich Themen wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter, verabschiedet sich von einem ungeliebten Drucker und beschreibt das Schicksal einer Wanderschnecke.
ISBN: 9783756517572, Format: DIN A6 hoch, 68 Seiten, 6,99 Euro

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Möchten Sie eine Lesung veranstalten? Schreiben Sie mir unter Keller-Kultur-Kommunikation@t-online.de oder lese-rampe@gmx.de. Auch Gemeinschaftslesungen mit anderen Autorinnen und Autoren aus dem Osnabrücker Raum, beispielsweise im Rahmen eines Krimi-Wochenendes, können arrangiert werden.

(c) Harald Keller.Os

Begegnungen mit Schriftstellern unterschiedlicher Sparten ermöglicht die Veranstaltungsreihe „Die Lese-Rampe“, jeweils am letzten Freitag im Monat (außer Juli und August) in der historischen Osnabrücker Studentenkneipe „Unikeller“. Bislang waren unter anderem zu Gast Frank Schulz, Heike Maria Fritsch, Ulrike Kroneck, Ina Bitter, Andreas Mand, Martha Maschke, Mareike Eigenwillig, Ina Bitter, Melanie Jungk, Norbert Horst, Olga Hopfauf & Stephan Baumgarten, Eva Bauche-Eppers, Annette Wenner, Stephan Leenen, Florian Greller, Miriam Rademacher, Maria Braig, Laander Karuso, Lukas Wünsch, Judith N. Klein. Das aktuelle Programm finden Sie unter http://www.unikeller.de/programm/

Nebelkerzen in der „Tagesschau“

In den letzten Jahren sind Angehörige der unentschlossenen Generationen in den Journalismus eingewandert. Rupert Wiederwald beispielsweise berichtete dieser Tage in der „Tagesschau“: „Auch hier fahren nicht wirklich viele Züge.“
Warum diese schwachmatische Relativierung? Fahren nun Züge oder fahren sie nicht? (Sie fuhren nicht.)
Noch blöder sind Sätze wie „Die Kanzlerin konnte sich nicht wirklich durchsetzen.“
In so gut wie allen Fällen ist die Phrase „nicht wirklich“ eine völlig überflüssige Beigabe, ein geziertes, modisches Aufblasen des jeweiligen Wortlauts. Sie wirkt wie die Vermeidung einer klaren Aussage, wie die Vernebelung des eigentlichen Sachverhalts.
Bevor die Floskel von denkfaulen Synchronautoren als Übersetzung des angelsächsischen „not really“ herangezogen wurde, hatte sie übrigens eine ganz andere Bedeutung. Sie stand für gespenstische, märchenhafte, traumhafte, wirklichkeitsfremde, also „unwirkliche“ Wahrnehmungen. Um Einschränkungen auszudrücken, benutzte man Wendungen mit eindeutigerem Wortstamm wie „nur bedingt“, „nur begrenzt“, „nicht unbegrenzt“.

Auch eine bedrohte Art: der Bindestrich

Fast könnte man meinen, man hätte ein Modul zu einer Raumstation erworben. Da gibt es ein „SmartDevice“, einen „VarioSafe“, einen „VarioSpace“, einen „EasyTwist“, einen „HolidayMode“, einen „EasyFresh-Safe“. Die Rede ist von einem Kühlschrank, und der „EasyFresh-Safe“ nichts anderes als das Gemüsefach. Was ist falsch am Wort Gemüsefach? Es hat uns viele Jahre gute Dienste geleistet und uns nie belogen. Gemüse ist gesund, und wenn jemand „vom Fach“ ist, gilt ein solches Testat als Anerkennung.
Hingegen darf man füglich davon ausgehen, dass hinter verschlossener Tür des neu erworbenen Kühlschranks alles „fresh“ bleibt. Wenn nicht, ist das ein Grund zur Reklamation.
Konsequent durchgezogen wurde die Anglisiererei allerdings nicht. Wie ein Fremdkörper erscheint in der Bedienungsanleitung ein „Flaschenabsteller“. Da gibt man viel Geld aus und erhält nur einen schnöden „Flaschenabsteller“?
Ein „BottleRack“ hätte es doch mindestens sein dürfen.
Und übrigens: Hat jemand die verlorenen Bindestriche gefunden?

Begründungen, Befunde, Befindlichkeiten

Ein sehr zutreffender Kommentar zur diesjährigen Vergabe des Grimme-Preises, zu den dortigen Praktiken generell erschien dieser Tage in der „Frankfurter Rundschau”. Die Kritik des Autors Moritz Post an der Begründung der – völlig berechtigten – Preisvergabe an Jan Böhmermann hat Hand und Fuß. Doch gilt nicht nur für dieses Fallbeispiel, was Post konstatiert: Es offenbart sich bei der Grimme-Preis-Jury ein Sendungsbewusstsein und eine unangenehme moralische Überlegenheit, wenn sie die vermeintlich Seriösen in unserer Welt als Clowns „degradiert“.

Seit je fallen manche Jurybegründungen gewunden, verquast, herablassend aus. Daraus spricht die von Post aufgespürte Haltung. Oft aber fehlt es auch schlicht an einem geeigneten Vokabular, Resultat eines Mangels an objektiven Kriterien und Ausweis dessen, dass manche Preisvergabe mehr von Idio­syn­kra­sien als von einem fachlichen Urteil über die erbrachte kreative und handwerkliche Leistung bestimmt wird. Das reicht bis hin zur schlichten Ignoranz. Sinngemäßes Zitat eines früheren Jurymitglieds, das während der Sichtungen gern mal Zeitung las, statt sich seiner Aufgabe zu widmen: Mich interessiert nur, was ich auf dem Bildschirm zu sehen bekomme.

Von 1995 bis 1996 sendete die ARD in ihrem Vorabendprogramm mit der WDR-Produktion „Die Partner” eine moderne, zeitgemäße Serie. Die Hauptrollen spielten die Größen Jan Josef Liefers, Ann Kathrin Kramer, Ulrich Noethen und Heinrich Giskes. Regie führten unter anderem der mittlerweile renommierte und vielfach preisgekrönte Samir („Baghdad in My Shadow”) und der später zeitweilig in Hollywood tätige Josef Rusnak. Diese Serie fiel aus dem damaligen Rahmen, weil die Autoren Ambivalenzen wagten, mehrdeutig erzählten und weil sich die Kameraleute Clemens Messow und Wedigo von Schultzendorff der gestischen Kamera bedienten, wie sie in den USA bereits in der Polizeiserie „Hill Street Blues” (ab 1981) angelegt und in den nachfolgenden Serienproduktionen „NYPD Blue” (ab 1993) und „Homicide: Life on the Street” (ab 1993) weiterentwickelt worden war. An eben dieser Kameraführung störte man sich im Grimme-Gremium, das über diese Serie zu befinden hatte, fand sie zu unruhig, nervös, verwirrend, erkannte gar nicht, dass bestimmte Szenen einer Episode andeutungsweise nur in einem Traum stattfanden. Mit anderen Worten: Man blieb um einige Jahre hinter der künstlerischen Entwicklung des Erzählfernsehens zurück.

Als aber 2010 die Regisseurinnen Doris Dörrie, Gloria Behrens, Vanessa Jopp diese Kameratechnik für die Serie „Klimawechsel” anwendeten, war die Jury begeistert. Eine Preisrichterin hatte zuvor von einer beteiligten Schauspielerin erzählt bekommen, dass sie und ihre Kollegen diese Art der Inszenierung schätzen, weil sie vor der Kamera gewisse Freiheiten bietet. Das galt 1995 auch schon, aber es dauerte, bis es in Marl, dem Ort der Preisvergabe, zur Kenntnis genommen wurde.

Einige Jahre später stand im Grimme-Institut die Vox-Produktion „Club der roten Bänder” zur Debatte, eine Adaption der katalanischen Serie „Polseres vermelles” von Albert Espinosa. Dessen Name indes wird in der Preisbegründung nicht genannt, obwohl sich die deutschen Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf eng an die Originaldrehbücher gehalten hatten. Die damaligen Statuten des Grimme-Preises sahen vor, dass die Adaption einer ausländischen Serie mit dem Original verglichen werden muss. In der Nominierungskommission hatte man das unterlassen. Ein Verfahrensfehler, der aber von der Wettbewerbsleitung nicht so gesehen wurde.

In der Jury dann wurde auf Eigeninitiative eines Mitglieds die Pilotfolge des Originals eingespielt. Ein anderer Preisrichter, großer Befürworter der Serie, zeigte sich dann „schockiert” angesichts der offensichtlichen Nähe von Original und deutscher Bearbeitung. Er überwand glücklich seine Erschütterung, indem er bekanntgab, er werde die Übernahme der Drehbucharbeiten von Albert Espinosa als „kreative Entscheidung” bewerten. Und die war seiner Meinung nach preiswürdig. Eine selbstherrliche Missachtung der Leistung von Albert Espinosa, der in der Serie eigene Erlebnisse verarbeitete und an allen Drehbüchern der ersten Staffel beteiligt war. Übrigens war er bei den Dreharbeiten zur deutschen Staffel im Kölner Studio zu Gast, also auch in dieser Hinsicht eng mit der deutschen Produktion verbunden.

Die Mehrheit der Marler Jury scherte all das wenig. Der Name Albert Espinosa fiel erst, als Arne Nolting und Jan Martin Scharf bei der Übergabe der Trophäe sinngemäß auf dessen fabelhafte Vorarbeit hinwiesen. Die beiden Preisträger also verhielten sich im Hinblick auf die Anerkennung der Autorenschaft und die damit verbundene künstlerische Errungenschaft fairer als die Nominierungskommission, die Jury und der Ausrichter des Grimme-Preises.

Wenn „Der Spiegel” ins Schwärmen gerät

Mit dieser Überschrift möchte „Der Spiegel” Abonnenten locken: „Wie der »Game of Thrones«-Schöpfer jetzt den »Schwarm« verfilmt”. Gefolgt von der Einleitung: „Frank Doelger ist einer der mächtigen Strippenzieher des US-Fernsehens. Nach »Game of Thrones« inszeniert er nun den Klimawandel-Bestseller »Der Schwarm« als Visual-Effects-Spektakel – die teuerste deutsche Serie aller Zeiten.” Blöd daran: Frank Doelger ist nicht der Schöpfer von „Game of Thrones”, sondern war dort einer der Produktionsleiter. Seine Vita bei „Variety” gibt an: „Executive Producer non-Writing”.
Er führte bei „Der Schwarm” auch nicht Regie, wie das Verb „inszeniert” suggeriert.
Ebenso wenig ist Doelger „einer der mächtigen Strippenzieher des US-Fernsehens”. Vielmehr war er Teilhaber der Londoner Produktionsfirma Rainmark Films. Mittlerweile ist er in Berlin tätig, als Produktionschef („creative director”) von Intaglio Films, einem Joint Venture zwischen Beta Film und ZDF Studios. Ist doch für sich sehr interessant und eine Story wert. Warum muss man da noch Hintergründe erfinden?

Der Korrektor: Die „neuen” Serien

Fernsehserien sind in Feuilleton und Wissenschaft zum Modethema geworden. Beim medienwissenschaftlichen Blick zurück auf Veröffentlichungen zum Thema aus den letzten zwanzig Jahren stößt man unweigerlich auf eine Fülle an Irrtümern, Missverständnissen, Fehlinterpretationen. Aus der eigenen publizistischen Praxis darf berichtet werden, dass manche Redaktionen sogar an falschen Aussagen festhalten, obwohl sie es besser wissen. Ein Beispiel ist die Behauptung, das Remake von „House of Cards“ sei die erste Eigenproduktion von Netflix gegeben. Tatsächlich hatte Netflix die Rechte an der Produktion angekauft, und das zunächst auch nur für den US-amerikanischen Markt. Leicht erkennbar daran, dass „House of Cards“ außerhalb der USA bei anderen Anbietern Premiere feierte. Die Logik dahinter: Netflix würde niemals die Erstauswertung einer derart teuren und prestigeträchtigen Produktion den Mitbewerbern überlassen.

Manche dieser Falschinformationen sind bereits fest verankert in der öffentlichen Meinung. Korrekturen sind angebracht, auch wenn sie vermutlich in der Weite des Webs versickern, ergo unbeachtet bleiben werden.

Exemplarisch für die Herangehensweise an das Sujet ist ein Text aus der „tageszeitung“ aus dem Jahr 2013, verfasst von Ines Kappert, die laut beigefügter Biografie in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft promovierte und die neben Feminismus, Männlichkeitsentwürfen, Syrien, Geflüchteten auch TV-Serien als Themenschwerpunkt angibt.

Der Text ist überschrieben mit »Immer schön unberechenbar bleiben«. Bereits die taz-typisch verwirrende Unterzeile »Früher galten sie als Trash, nun werden sie gefeiert: neue Qualitätsserien.« lässt stutzen. Die »neuen Qualitätsserien« können doch früher gar nicht als »Trash« gegolten haben, denn wenn es sie damals schon gegeben hätte, wären sie nicht »neu«.

Es erhebt sich zudem die Frage, bei wem Fernsehserien als »Trash« galten, und wann das gewesen sein soll. Wird hier womöglich eine Zonengrenze gezogen zwischen elitären Milieus und kulturell minderbemitteltem Pöbel? Bei manchen Fundstücken kommt schon mal der Eindruck auf, dass bildungsbürgerlicher Hochmut die Feder führte.

Gelernte Medienwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wie auch erfahrene Medienjournalisten und viele fernseherfahrene Zuschauer wissen, dass es ehedem schon vom Publikum angenommene hochwertige TV-Serien gab, desgleichen einen seit circa 1970 zügig voranschreitenden wissenschaftlichen Diskurs zu diesem Thema.

DANN HAT ES BOOM GEMACHT

Zitat:»Es war ein langer Weg von den ›Waltons‹, den ›Hesselbachs‹, der ›Schwarzwaldklinik‹, von ›Dallas‹ und ›Dynasty‹ zu ›Homeland‹, ›Kommissarin Lund‹, ›Breaking Bad‹ oder ›Borgen‹. Aber seit rund zehn Jahren ist sie da, die neue Fernsehunterhaltung, und sie boomt weltweit. Auf einmal ist das Fernsehen wieder zu einem interessanten Medium geworden, zumindest für die NutzerInnen von Computern oder DVD-Playern.«

Zaghaft sei’s gefragt: Kam denn diese »neue Fernsehunterhaltung« wie eine Epiphanie über uns? Fiel sie vom Himmel, wurde sie uns von den Göttern gesandt? Jedoch offenbar nur den »NutzerInnen von Computern oder DVD-Playern«.

Folglich ist das Fernsehen für Lineargucker weiterhin uninteressant geblieben. In diesem Publikumssegment also »boomt« es demnach nicht. Im Schnitt zehn Millionen Zuschauer beim „Tatort“ schlagen nicht zu Buche. Die vier bis fünf Millionen, die regelmäßig dienstags die Serien im Ersten einschalten, kann man ignorieren.

Warum eigentlich beschränkten die Götter ihre Wohltaten auf dänische und US-amerikanische Serien? Gab es denn gar nichts in Großbritannien, Frankreich, Benelux, Österreich, Polen, Tschechei? Australien, Asien, Afrika? Waren „The Prisoner“, „Widows“, „The Singing Detective“, das Original von „House of Cards“, „Capital City“, „State of Play“ ohne Bedeutung?

Die Produzenten von „24“ sahen das anders und holten sich Rat von Lynda La Plante, der britischen Autorin von Qualitätsserien wie „Widows“, „Prime Suspect“ und „Trial & Retribution“, deren Stil in „24“ anklingt.

ZAHLENSPIELE

»Boom« ist ein relativer Begriff, was folgende Zahlen belegen. „Breaking Bad“ begann in den USA mit durchschnittlich 1,23 Millionen Zuschauer, steigerte sich mühsam, blieb aber noch in den Staffeln 4 und 5a unter drei Millionen Zuschauern. Erst einige Folgen, nicht alle, der sechsten Staffel erreichten die Sechs-Millionen-Marke.

„Mad Men“ fand im besten Fall 3,29 Millionen Zuschauer, der Durchschnitt lag deutlich darunter.

Demgegenüber haben wir klassisch strukturierte episodische Serien wie „The Mentalist“ – sie startete mit 14,9 Millionen Zuschauern, erreichte mit der sechsten Staffel rund neun Millionen Zuschauer. Der Pilot von „Person of Interest“ wurde von 13,33 Millionen Menschen eingeschaltet. Ende der ersten Staffel gesellten sich noch ein paar dazu, in der Summe waren es 13,47 Millionen. In der fünften Staffel wendete sich das Publikum ab, aber mit 6,51 Millionen Zuschauer beim Finale liegt die Serie immer noch besser im Rennen als „Breaking Bad“ und „Mad Men“.

„Navy CIS“ begann mit 11,84 Millionen Zuschauern, erreichte in der Spitze 21,34 Millionen und erzielt auch in der 19. Staffel (!) im Schnitt über zehn Millionen Zuschauer pro Folge.

AKADEMISCHE ERKENNTNIS: FAMILIE FISHER UNTERSCHEIDET SICH VON FAMILIE HESSELBACH

Zitat:»Die Blaupause für den massiven Qualitätsschub im Fernsehen lieferten die HBO-Produktionen ›Sopranos‹ (1999-2007), ›Six Feet Under – Gestorben wird immer‹ (2001-2005) und ›The Wire‹ (2002-2008). Diese drei US-Serien nutzten das Format der Fortsetzungsgeschichte auf eine bis dahin ungekannte Weise.

Um die Differenz plastisch zu machen, hilft ein Vergleich mit ›Dallas‹ (CBS 1978-1991). (…) Zwar altern die Hauptfiguren, aber sie lernen genauso wie alle anderen überhaupt nichts dazu. Und auch das Setting um sie herum verändert sich nur unwesentlich. Das gleiche gilt für Vorgänger wie die ›Hesselbachs‹ (1960-1967) oder ›The Waltons‹ (CBS 1971-1981).«

Wenn eine kleine Berichtigung erlaubt ist: Eine Serie mit dem Titel „Hesselbachs“ gibt es nicht. Im deutschen Fernsehen liefen „Die Firma Hesselbach“ und „Die Familie Hesselbach“, die Fortsetzung trug den Titel „Herr Hesselbach und …“. Und der gewählte Vergleich hilft eher wenig. Erinnert sei daran, dass sich beispielsweise bei „Six Feet Under“ das Setting ebenfalls »nur unwesentlich« änderte. Und der Lerneffekt ist trotz des Altersunterschieds der Produktionen bei den Figuren von „Six Feet Under“ und den Serien um die Familie Hesselbach so unterschiedlich nicht. Beispiel: In der dritten Staffel wird Karl Hesselbach in den Stadtrat gewählt, dort lernt er und mit ihm die Zuschauerschaft eine ganze Menge über Lokalpolitik.

Es ist auch nicht ganz ohne Bedeutung, dass die Episoden der deutschen Serie monatlich ausgestrahlt wurden, also einer ganz anderen Dramaturgie unterlagen als Titel mit wöchentlichem Turnus.

EINE FRAGE DER WAHRNEHMUNG

Zitat: In den»neuen Serien«geht es»(…) vor allem um ein Nachvollziehen der Veränderung und des differenzierten Wahrnehmens und Erlebens einer Situation durch sämtliche Beteiligte.«

War nach diesen Maßstäben nicht schon „Peyton Place“ im Jahr 1964 eine »neue Serie«? Wie verhält es sich mit der britischen „Coronation Street“? Mit „M*A*S*H“, „St. Elsewhere“, „Ausgerechnet Alaska“, „Party of Five“, Anwaltsserien wie „L.A. Law“ und „I’ll Fly Away“?

EIN FALL FÜR DIE NOTAUFNAHME

»(…) der Streit um die richtige Sichtweise findet auch im Inneren der Hauptfiguren statt.«

Da kommt Sorge auf. Hoffentlich tragen die Hauptfiguren keine schwerwiegenden inneren Verletzungen davon, wenn die streitenden Parteien derart wüten.

INNOVATION: SERIENFOLGEN DAUERN JETZT 50 MINUTEN

Zitat:»In der Regel dauert bei den neuen Serien eine Episode fünfzig Minuten und es gibt zehn bis zwölf Episoden pro Staffel. ›The Wire‹ brachte es auf ganze fünf Staffeln, die Agenten-Thriller-Serie ›Homeland‹ ist bislang bei der dritten angelangt und noch ist kein Ende in Sicht.«

Ob es die Autorin wohl überrascht, dass eine fünfzigminütige Laufzeit als Norm gilt bei Produktionen, die für die Ausstrahlung in werbefinanzierten Sendern vorgesehen sind? Inklusive Werbung passen sie dann in das übliche Stunden-Schema. Wenn die Zahl der Staffeln als Rekorde vermeldet werden sollen, so fällt das Erreichte im Vergleich eher dürftig aus. „Law and Order“ bringt es auf 21 Staffeln, „Grey’s Anatomy“ geht ebenfalls in die 21. Runde, „Emergency Room“ endete nach der 15. Staffel. „Coronation Street“ läuft seit 1960 im britischen Fernsehen.

KAM DIE ERLEUCHTUNG WIRKLICH ERST SO SPÄT?

Zitat: »›Borgen‹ leuchtet ähnlich wie ›The Wire‹ und auch ›Homeland‹ das Zusammenspiel von Politik, Presse und Familie aus (…).«

In dem Punkt darf man behutsam ergänzen: „Borgen“ war kein Novum. Die dänische Serie hatte einen unmittelbaren Vorläufer in der niederländischen Produktion „Mevrouw Minister“, die auf Festivals und Fernsehmärkten gezeigt wurde und den dänischen Redakteuren kaum entgangen sein dürfte. Politische Themen in engerem Sinne verhandelten viele andere Serien, darunter „Tanner ʼ88“ (1988; Gewinner der goldenen Medaille in der Kategorie Best Television Series beim Cannes Television Festival) von Garry Trudeau und Robert Altman, „The West Wing“ (1999-2006), „State of Play“ (2003), „Commander in Chief“ (2005-2006) mit Geena Davis in der Rolle der ersten weiblichen Präsidentin der USA und nicht zuletzt „That’s My Bush!“ (2001) vom „South Park“-Team Trey Parker und Matt Stone. Im weiteren Sinne gehören auch die britischen Polit-Sitcoms „Yes, Minister“/„Yes, Primeminister“ (produziert 1979, gesendet 1980-1988, neu aufgelegt 2013) und „The Thick of It“ (2005, 2007 und 2012) in diesen Zusammenhang. Keinesfalls ausblenden darf man das britische Original von „House of Cards“ (1990) und dessen Folgeserien „To Play the King“ (1993) und „The Final Cut“ (1995), die zusammen eine zwölfteilige Trilogie ergeben.

TELEGENE ÜBERBEVÖLKERUNG

Zitat: »Im Laufe einer Serie bekommen es die ZuschauerInnen mit einer ganzen Heerschar von Charakteren zu tun.«

Die obige Beobachtung scheint nicht vollends durchdacht, denn sie gilt für nahezu jede Daytime- und Evening-Soap. Zum Beispiel für „Dallas“ und „Dynasty“, die ja oben auf einen Streich diskrediert wurden. Die bereits erwähnte britische Serie „Coronation Street“ erzählt seit 1960 von den Schicksalen der Bewohner einer ganzen Straße. Da kommt einiges an Personal zusammen.

BEFREIUNG AUS DEN KLAUEN DES PROGRAMMSCHEMAS

Zitat:»Möglich ist diese Komplexität nur aufgrund der DVD beziehungsweise der Streams auf bestimmten Webseiten. Die neuen Speichermedien und der Serienboom gehören zusammen. (…) Der Einzelne muss sich nicht mehr nach Sendeterminen richten, sondern kann die Serie sehen, wann immer es ihm passt.«

Jetzt verwundert aber, dass alle als Positivbeispiele aufgezählten Serie ihre Premieren im linearen Fernsehen hatten. „Die Sopranos“ starteten 1999, da war der Serienkonsum via World Wide Web noch nicht sehr weit gediehen. Zum Vergleich: Youtube wurde erst 2005 gegründet.

Hingegen erlaubte schon die Videokassette, eine Serie zu sehen, wann immer es dem Zuschauer passte. Was, wie die Älteren unter uns wissen, auch genau so praktiziert wurde.

Zitat: »Aber was ist mit der Ästhetik, was passiert auf der visuellen Ebene? Auch hier haben die neuen Serien dazugelernt, und zwar vor allem vom Kino. Die herkömmliche TV-Serie wird im Studio gedreht. Billiger ist Fernsehen nicht zu haben: Kein Wechsel der Drehorte und womöglich unpassendes Wetter bringen den Spielplan durcheinander (…). (…) Stattdessen sorgen eine überschaubare Anzahl von SchauspielerInnen mit schnellen pointenreichen Dialogen auf dem immergleichen Sofa oder am immergleichen Küchentisch für Unterhaltung.«

Schon grammatisch eine seltsame Aussage. Serien sind abstrakte Dinge, die können nichts dazulernen.

Wurden denn die »schnellen pointenreichen Dialoge« im Zeitalter der »neuen Serien« abgeschafft? Es gab Zeiten, da wurde genau diese Qualität seitens der Kritik gefordert. Man kann es den Leuten aber auch nicht recht machen …

Es wird das Selbstbewusstsein der Autorin hoffentlich nicht über die Maßen erschüttern, wenn sie erfährt, dass schon Episoden der deutschen Serie „Ihre Nachbarn heute Abend – die Familie Schölermann“ an Originalschauplätzen, zum Beispiel auf einem Passagierschiff, gedreht wurden. Auch die Hesselbachs gingen gelegentlich vor die Tür. Die Vorabendserie „Goldene Zeiten – Bittere Zeiten“ entstand in Baden-Baden, Paris, Wien, Marseille, Prag, „Sergeant Berry“ auf Mallorca. Für „Diamanten sind gefährlich“ und „Diamantendetektiv Dick Donald“ reisten die Hauptdarsteller nach Südafrika, für „Die Journalistin“ unter anderem an den Nürburgring, nach Amsterdam und nach Italien. Eine Episode spielt auf hoher See. Das ZDF ließ sich nicht lumpen und die Vorabendserie „I.O.B. – Spezialauftrag“ in Finnland, Belgien, Spanien drehen. Die ARD schickte die Heldinnen von „Okay S.I.R.“ buchstäblich in die Wüste, nach Rabat und Marrakesch, nach Marseille, Rom, Wien, Budapest, St. Mortiz. Zwar herausgepickt, aber keine Sonderfälle. Die Liste ließe sich fortsetzen.

EIN PAAR SHOTS ZUR ORIENTIERUNG

Zitat: »Die vernachlässigte Außenwelt wird nur über ›Orientierungsshots‹ eingeblendet – das Panorama von New York, die Ranch, die Lindenstraße. Alle diese Elemente finden sich auch in den neuen Qualitätsserien. Sie werden nun aber flankiert von cineastischen Elementen: So gibt es Außendrehs und auch aufwendigere Kamerafahrten.«

Nur ungern raubt man den jungen Leuten ihre Illusionen, aber Innendrehs sind eher die Regel als die Ausnahme. Seit je werden Kinofilme nach Möglichkeit im Studio gedreht. Das sind oder waren diese großen Gebäude auf den Geländen von Paramount, MGM, Warner Brothers, Babelsberg, Bavaria, Elstree, Pinewood mit der berühmten 007-Stage … Der Stab des Klassikers „Casablanca“ war nie in Casablanca, jedenfalls nicht im Rahmen der Dreharbeiten. Selbst der Flughafen wurde im Atelier nachgebaut. Alfred Hitchcock zog stets Dreharbeiten im Studio denen unter freiem Himmel vor. Er hat trotzdem ein paar anständige Filme zustande gebracht.

Auch er nutzte »Orientierungsshots“, in der Fachsprache Establishing Shots und schrieb dazu: »Washington ist ein Blick auf das Kapitol, New York ein Wolkenkratzer. Die Verwendung einer unbekannten Ansicht würde das Publikum verwirren …«

Establishing Shots gehören schlicht zur allgemeinen Filmsprache. Sie entstammen den eigenen Archiven oder werden von Agenturen bezogen.

WO WAREN DIE GUTEN SCHAUSPIELER ALL DIE JAHRE?

Zitat: »Im Post-TV hat das Fernsehen die Schauspielkunst wieder entdeckt. In fast allen neuen Serien finden sich außergewöhnliche DarstellerInnen, und zwar in Haupt- und Nebenrollen.«

Dann müssen wir davon ausgehen, dass Schauspieler und Schauspielerinnen wie Steve McQueen, Clint Eastwood, John Cassavetes, Richard Roundtree, Mia Farrow, Ryan O’Neal, Fred Astaire, Nick Nolte, David Niven, Charles Boyer, James Earl Jones, Alfre Woodard, Sally Field, George Clooney, Burt Lancaster, Robert Mitchum, Meryl Streep, Geena Davis, André Braugher, Edie Falco, Isabella Hofmann, Denzel Washington, Ned Beatty, Glenn Close, Sir Ian McKellen, Anthony Hopkins, Al Pacino wohl zu den minderbegabten Knallchargen zählen. Sie alle und viele weitere renommierte und preisgekrönte Kolleginnen und Kollegen sah man in dem, was die Autorin wohl als „Prä-TV“ bezeichnen würde.

Aber Filmauftritte sind eine völlig unnötige Reverenz. „St. Elsewhere“, „Hill Street Blues“, „Emergency Room“, „Homicide – Life on the Street“, „American Gothic“, „Profit“, „The Shield“ – lang ist die Liste der Serientitel, in denen man extraordinäre Leistungen von Schauspielerinnen und Schauspielern bewundern kann, die primär im Fernsehen gearbeitet haben und in ihrem Metier höchste Anerkennung genießen.

Die Hüter der Rentengeheimnisse

Wer mit der Deutschen Rentenversicherung zu tun bekommt, und das gilt früher oder später ja für jeden, kann eigenartige Dinge erleben. Da gibt es zum Beispiel auf der Homepage die Möglichkeit, online einen Termin zu vereinbaren. Im Weiterlesen aber erfährt man: „Derzeit sind keine Online Terminvereinbarungen [sic!] möglich. Sollten Sie einen Beratungstermin wünschen, bitten wir Sie uns anzurufen.”

Gut, der Bitte wird entsprochen. Nicht verzagen, durchhalten, Zeit einplanen. Es dauert einige Minuten, ehe abgenommen wird. Sehr unfreundlich wird man nach seiner Versicherungsnummer gefragt. Dann müssen auf der anderen Seite erst einmal Computerprobleme behoben werden. Nachdem das geschehen ist, ermittelt die Dame, dass nur telefonische, keine persönlichen Beratungen möglich sind. Damit hat der Versicherte in der Vergangenheit jedoch sehr schlechte Erfahrungen gemacht.

Es begab sich wie folgt: In der Pandemiephase wurden keine persönlichen Beratungen angeboten. Verständlich. Mit Ende der Einschränkungen verkündete die DRV-Homepage für den Wohnort des Petenten, dass die Büros wieder für den Publikumsverkehr geöffnet seien. Der Kandidat wählte die angegebene Telefonnummer und wurde angeherrscht, wegen Corona gäbe es keine persönliche Beratung. Der Anrufer verwies höflich auf die Webseite, die Gegenteiliges vermittelte. Gebrummel auf der Gegenseite, dann die mürrische Frage, worum es denn gehe. Kurzer Abriss des Anliegens, dann wurde geschnauzt, diese Fragen seien in dreißig Minuten nicht zu beantworten, und man dürfe nur dreißigminütige Sprechstunden vergeben.

Der Versicherte wagte zu bezweifeln, dass seine Fragen in dreißig Minuten nicht ausgeräumt werden können, aber die Dame verweigerte kategorisch die Zuteilung eines Termins. Sie versuchte sich selbst an einer Beantwortung. Das ging, was sich aber erst später herausstellen sollte, gehörig schief.

Aus dieser Erfahrung heraus also bevorzugt der Anrufer eine persönliche Beratung. Ab wann dies denn wieder möglich sei? „Nächste Frage” schallt es barsch aus dem Telefonhörer.

Nichts zu machen.

Was steht da noch mal auf der Webseite? „Sie haben Fragen – wir die Antworten!”

Aber sie hüten diese Antworten wie Fafnir seine Schatzhöhle. Könnte mal jemand Sigurd Bescheid geben?

Kosmische Kapriolen

Es heißt Abschied nehmen von Jodie Whittaker als Kommandantin der TARDIS. Im Jubiläumsjahr 2023, die Serie startete am 23. November 1963, gibt es gleich zwei Wandlungen des Doctors. Einen Rückfall, eine neue Inkarnation in Gestalt des in Ruanda geborenen Schauspielers Ncuti Gatwa. Aber bis dahin ist noch ein wenig Zeit, die sich mit einigen Specials voller kosmischer Kapriolen und der 13. Staffel vortrefflich überbrücken lässt. Der Zyklus startet heute auf One. Mehr dazu hier: https://www.epd-film.de/tipps/2022/ard-mediathek-doctor-who-staffel-13

Fallgrube für Abschreiber


Mein Ausbilder seinerzeit pflegte zu sagen: Wo man hinpackt, packt man in die Sch…
Aus ähnlichen Gründen gilt Wikipedia im Wissenschaftsbereich nicht als zitable Quelle und sollte, was leider nicht der Fall ist, auch für Journalisten tabu sein. Hallo nach Berlin zum „Tagesspiegel”. Gerade fand sich mal wieder ein Beispiel, warum das so ist. Wikipedia schreibt:
„Für Tykwer ist Babylon Berlin nach der Netflix-Serie Sense8 die zweite Fernsehproduktion.[20][21] Er sieht die Serie in der Tradition von erfolgreichen US-amerikanischen Serien wie The Sopranos, The Wire, Mad Men, Breaking Bad, Six Feet Under oder Boardwalk Empire, die horizontal erzählte Geschichten ins Fernsehen (und Streaming-Dienste) brachten.”
Folgt man der Quellenangabe, gelangt man zu dieser Passage:
„Für mich waren die ‚Sopranos‘ seinerzeit eine Art Erweckungserlebnis. Die neue Art, Geschichten zu erzählen, die diese Fernsehserie aufbrachten und mit der sie eine neue Tradition begründete, hat mit Sicherheit auch mein Schreiben beeinflusst, jedenfalls mein fiktionales Denken. Und wenn dann die Welt von Gereon Rath in genau dieser Tradition adaptiert werden soll, in der Tradition von Serien wie ‚The Wire‘, ‚Mad Men‘, ‚Breaking Bad‘, ‚Six Feet Under‘, ‚Boardwalk Empire‘, so ist das genau das, was ich mir für diesen Stoff immer gewünscht habe.”
NUR: Das sagt nicht Tykwer, sondern der Autor der Vorlage, Volker Kutscher.
Und „Sense8” war nicht Tykwers erste Fernseharbeit; seinen Debütfilm „Die tödliche Maria” realisierte er beim ZDF, Redaktion „Kleines Fernsehspiel”.
Quod erat demonstrandum.
I rest my case.

Der Geiselgangster von Görlitz

Sächsisch noir: Mit zwei neuen Filmen geht die düstere Reihe „Wolfsland“ um Kommissar Burkard Schulz und seine Partnerin Viola Delbrück in die Fortsetzung.

Frankfurt – Wie groß mag der Radius sein, den man einhalten muss, um nicht von Kommissar Burkard „Butsch“ Schulz (Götz Schubert) in irgendwelche Kalamitäten verwickelt zu werden? Am besten bleibt man wohl ganz außer Sichtweite. Seine Partnerin Viola Delbrück (Yvonne Catterfeld) wirkt gleichfalls wie ein Magnet auf Malaisen. Zu Beginn der Reihe „Wolfsland“ wurde sie von ihrem psychisch erkrankten Ex-Gatten kujoniert. Schulz zog sich später den Hass eines Jugendfreundes zu. Er wurde einer Vergewaltigung beschuldigt, des Mordes verdächtigt und erlitt schließlich eine Schussverletzung, die ihn in den Rollstuhl zwang.

Weiter geht es hier: https://www.fr.de/kultur/tv-kino/kritik-wolfsland-20-stunden-im-ersten-der-geiselgangster-von-goerlitz-91991971.html